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Schizophrenie - Wenn das Denken zur Last wird
Denkstörungen und Gedächtnisprobleme - vor allem diese Symptome erschweren es Menschen mit einer Schizophrenie, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Sie beeinträchtigen die Betroffenen sogar mehr als Halluzinationen oder Wahnvorstellungen, die bei dieser Erkrankung ebenfalls auftreten. Eine Genvariante, die die Entwicklung kognitiver Probleme schizophrener Patienten begünstigt, haben nun Hirnforscher des Max-Planck-Instituts für experimentelle Medizin in Göttingen entdeckt. Das Gen enthält den Bauplan eines Proteins, das an der Übertragung von Signalen zwischen Nervenzellen beteiligt ist. Der Befund der Forscher bringt auch neue Erkenntnisse über die Ursachen der Schizophrenie (Archives of General Psychiatry, 6. September 2010).
Die Schizophrenie ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Rein statistisch gesehen erleidet jeder hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode, und zwar unabhängig vom kulturellen oder sozialen Hintergrund. Schon lange ist bekannt, dass neben äußeren Einflüssen wie etwa Geburtskomplikationen, schweren psychischen Stresserlebnissen oder Rauschgiftgebrauch genetische Ursachen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer Schizophrenie spielen. Einen bislang unbekannten Zusammenhang zwischen einer genetischen Veränderung und dieser psychiatrischen Erkrankung haben nun Wissenschaftler um Hannelore Ehrenreich und Nils Brose vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen entdeckt.
Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Varianten eines Gens, das als Complexin-2 bezeichnet wird, in Menschen mit einer Schizophrenie die typischen Gedächtnis- oder Denkstörungen begünstigen. Diesen Schluss ziehen die Forscher aus einem Vergleich von umfassenden Patientendaten und genetischen Analysen. Untersuchungen von Mäusen, in denen Complexin-2 an der normalen Informationsübertragung zwischen Nervenzellen beteiligt ist, untermauern das Ergebnis. "In Mäusen mit einer gestörten Complexin-2-Funktion sehen wir dieselben kognitiven Veränderungen wie beim Menschen", sagt Hannelore Ehrenreich, Leiterin der Division Klinische Neurowissenschaften am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin. "Dabei muss allerdings bei Mäusen ebenso wie beim Menschen ein weiterer Stressor vorhanden sein, um die Störungen hervorzurufen."
Nils Brose, Direktor am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin, betont, dass es sich bei dem Complexin-2-Gen um kein Intelligenz-Gen handele, von denen derzeit viel geredet wird. "Ein Intelligenz-Gen, das allein die Leistungsfähigkeit des Gehirns bestimmen könnte, gibt es nicht", sagt der Biochemiker. Auch eine Schizophrenie kann die Veränderung des Complexin-2-Gens alleine nicht bewirken. "Wenn aber weitere genetische Störungen oder äußere Faktoren wie eine Hirnverletzung oder psychischer Stress hinzukommen, verursachen bestimmte Varianten des Complexin-2-Gens Störungen der kognitiven Hirnleistung", so Brose. Diese Einschränkungen machen schizophrenen Patienten besonders zu schaffen und könnten vielleicht auch psychisch Gesunde beeinträchtigen.
Mit der Erkenntnis belegen die Forscher, was frühere Untersuchungen bereits nahelegten: Complexin-2 ist in verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen gestört. Allerdings trägt nur ein Teil schizophrener Patienten das veränderte Gen. "Eine Schizophrenie lässt sich fast nie ausschließlich auf eine bestimmte genetische oder äußere Ursache zurückführen", sagt Hannelore Ehrenreich, die eine umfassende Studie über Schizophreniepatienten leitet. So würden in aller Regel unterschiedliche Kombinationen genetischer Veränderungen eine Erkrankung auslösen.
Dass Complexin-2 dabei eine Rolle spielen kann, gibt auch Aufschluss über die neurologischen Defekte, die bei einer Schizophrenie auftreten. Das Protein, das nach dem Bauplan des Complexin-2-Gens entsteht, trägt dazu bei, Nervenimpulse an den als Synapsen bezeichneten Kontaktstellen zwischen Nervenzellen ordnungsgemäß weiterzuleiten. "Damit verdichten sich die Hinweise, denen zufolge die Schizophrenie zumindest teilweise auf einer Störung synaptischer Prozesse beruht", sagt Nils Brose: Fehler in biochemischen Vorgängen lassen sich mit Medikamenten behandeln, während sich falsch geknüpfte Verbindungen im Nervennetz nicht reparieren lassen. Tatsächlich setzen fast alle derzeit üblichen Medikamente bei der Weiterleitung von Nervenreizen an. "Wenn wir die biochemischen Grundlagen der Erkrankung besser verstehen, können wir vielleicht auch die Medikamente verbessern", so Brose.
Vorerst fahnden die Forscher jedoch nach weiteren genetischen Ursachen der Krankheit und nutzen dazu die Datenbank von Schizophrenie-Patienten, die sie auch auf die Spur des Complexin-2-Gens gebracht hat. Diese Datenbank hat Hannelore Ehrenreich zusammen mit Kollegen unter dem Dach der Göttingen Research Association for Schizophrenia (GRAS) aufgebaut. In akribischer Kleinarbeit ist ihr Team von sechs Ärzten und Psychologen jahrelang durch ganz Deutschland gereist, um über 1.000 Patienten an 23 Psychiatrischen Kliniken zu untersuchen.
Das Resultat ist eine Sammlung von über 3.000.000 Datenpunkten, die jeden der untersuchten Patienten genauestens beschreiben - von der Familien- und Krankengeschichte bis zu Analysen der Gedächtnis- und Denkleistung. "Jeder dieser Patienten ist detailliert erfasst, von jedem haben wir Blut- und genetische Proben gewonnen, und fast alle sind bereit, sich erneut untersuchen zu lassen, sollte dies durch unsere Studien nötig werden", sagt Hannelore Ehrenreich. Es gebe derzeit weltweit keine weitere Schizophrenie-Datenbank von solcher Qualität. Zwar erfassen andere Datenbanken wesentlich mehr Patienten, aber kein Register bildet so viele Details ab wie die GRAS-Datenbank. "Die aktuellen Ergebnisse verdeutlichen, wie groß das Potenzial dieser Datenbank ist", sagt Hannelore Ehrenreich.
Die Schizophrenie ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Rein statistisch gesehen erleidet jeder hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode, und zwar unabhängig vom kulturellen oder sozialen Hintergrund. Schon lange ist bekannt, dass neben äußeren Einflüssen wie etwa Geburtskomplikationen, schweren psychischen Stresserlebnissen oder Rauschgiftgebrauch genetische Ursachen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer Schizophrenie spielen. Einen bislang unbekannten Zusammenhang zwischen einer genetischen Veränderung und dieser psychiatrischen Erkrankung haben nun Wissenschaftler um Hannelore Ehrenreich und Nils Brose vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen entdeckt.
Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Varianten eines Gens, das als Complexin-2 bezeichnet wird, in Menschen mit einer Schizophrenie die typischen Gedächtnis- oder Denkstörungen begünstigen. Diesen Schluss ziehen die Forscher aus einem Vergleich von umfassenden Patientendaten und genetischen Analysen. Untersuchungen von Mäusen, in denen Complexin-2 an der normalen Informationsübertragung zwischen Nervenzellen beteiligt ist, untermauern das Ergebnis. "In Mäusen mit einer gestörten Complexin-2-Funktion sehen wir dieselben kognitiven Veränderungen wie beim Menschen", sagt Hannelore Ehrenreich, Leiterin der Division Klinische Neurowissenschaften am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin. "Dabei muss allerdings bei Mäusen ebenso wie beim Menschen ein weiterer Stressor vorhanden sein, um die Störungen hervorzurufen."
Nils Brose, Direktor am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin, betont, dass es sich bei dem Complexin-2-Gen um kein Intelligenz-Gen handele, von denen derzeit viel geredet wird. "Ein Intelligenz-Gen, das allein die Leistungsfähigkeit des Gehirns bestimmen könnte, gibt es nicht", sagt der Biochemiker. Auch eine Schizophrenie kann die Veränderung des Complexin-2-Gens alleine nicht bewirken. "Wenn aber weitere genetische Störungen oder äußere Faktoren wie eine Hirnverletzung oder psychischer Stress hinzukommen, verursachen bestimmte Varianten des Complexin-2-Gens Störungen der kognitiven Hirnleistung", so Brose. Diese Einschränkungen machen schizophrenen Patienten besonders zu schaffen und könnten vielleicht auch psychisch Gesunde beeinträchtigen.
Mit der Erkenntnis belegen die Forscher, was frühere Untersuchungen bereits nahelegten: Complexin-2 ist in verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen gestört. Allerdings trägt nur ein Teil schizophrener Patienten das veränderte Gen. "Eine Schizophrenie lässt sich fast nie ausschließlich auf eine bestimmte genetische oder äußere Ursache zurückführen", sagt Hannelore Ehrenreich, die eine umfassende Studie über Schizophreniepatienten leitet. So würden in aller Regel unterschiedliche Kombinationen genetischer Veränderungen eine Erkrankung auslösen.
Dass Complexin-2 dabei eine Rolle spielen kann, gibt auch Aufschluss über die neurologischen Defekte, die bei einer Schizophrenie auftreten. Das Protein, das nach dem Bauplan des Complexin-2-Gens entsteht, trägt dazu bei, Nervenimpulse an den als Synapsen bezeichneten Kontaktstellen zwischen Nervenzellen ordnungsgemäß weiterzuleiten. "Damit verdichten sich die Hinweise, denen zufolge die Schizophrenie zumindest teilweise auf einer Störung synaptischer Prozesse beruht", sagt Nils Brose: Fehler in biochemischen Vorgängen lassen sich mit Medikamenten behandeln, während sich falsch geknüpfte Verbindungen im Nervennetz nicht reparieren lassen. Tatsächlich setzen fast alle derzeit üblichen Medikamente bei der Weiterleitung von Nervenreizen an. "Wenn wir die biochemischen Grundlagen der Erkrankung besser verstehen, können wir vielleicht auch die Medikamente verbessern", so Brose.
Vorerst fahnden die Forscher jedoch nach weiteren genetischen Ursachen der Krankheit und nutzen dazu die Datenbank von Schizophrenie-Patienten, die sie auch auf die Spur des Complexin-2-Gens gebracht hat. Diese Datenbank hat Hannelore Ehrenreich zusammen mit Kollegen unter dem Dach der Göttingen Research Association for Schizophrenia (GRAS) aufgebaut. In akribischer Kleinarbeit ist ihr Team von sechs Ärzten und Psychologen jahrelang durch ganz Deutschland gereist, um über 1.000 Patienten an 23 Psychiatrischen Kliniken zu untersuchen.
Das Resultat ist eine Sammlung von über 3.000.000 Datenpunkten, die jeden der untersuchten Patienten genauestens beschreiben - von der Familien- und Krankengeschichte bis zu Analysen der Gedächtnis- und Denkleistung. "Jeder dieser Patienten ist detailliert erfasst, von jedem haben wir Blut- und genetische Proben gewonnen, und fast alle sind bereit, sich erneut untersuchen zu lassen, sollte dies durch unsere Studien nötig werden", sagt Hannelore Ehrenreich. Es gebe derzeit weltweit keine weitere Schizophrenie-Datenbank von solcher Qualität. Zwar erfassen andere Datenbanken wesentlich mehr Patienten, aber kein Register bildet so viele Details ab wie die GRAS-Datenbank. "Die aktuellen Ergebnisse verdeutlichen, wie groß das Potenzial dieser Datenbank ist", sagt Hannelore Ehrenreich.
© ddp direct / Veröffentlicht am 10.09.2010