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Gicht - ernährungsbedingte Zivilisationskrankheit
Wegen der in den westlichen Industrienationen sehr fleischlastigen Ernährung nimmt die Zahl der Menschen mit erhöhten Harnsäurewerten im Blut (Hyperurikämie) weltweit zu. Männer erwischt es wesentlich häufiger als Frauen. In den westlichen Ländern sind rund 20 Prozent des starken Geschlechts betroffen. Frauen werden bis zu den Wechseljahren weitgehend durch die weiblichen Hormone geschützt. Danach können sie bei entsprechender Veranlagung und purinreichen Ernährungsgewohnheiten ebenfalls eine Hyperurikämie bzw. Gicht entwickeln.
Stoffwechselprodukt als Krankheitsursache
Harnsäure entsteht im menschlichen Organismus durch den Abbau der Purine Adenin, Hypoxanthin, Guanin und Xanthin, die als Bausteine von Nukleinsäuren dienen. Mit Hilfe des Enzyms Xanthinoxidase, aus Hypoxanthin oder Xanthin gebildet, ist Harnsäure das Endprodukt des Purinstoffwechsels. Sie wird zu etwa 75 Prozent über die Nieren und nur in geringen Mengen über den Darm mit dem Stuhl ausgeschieden. Gleichzeitig bekommt der Körper über tierische und pflanzliche Lebensmittel Purine zugeführt, die er ebenfalls zu Harnsäure verstoffwechselt.
Überangebot
Purine und Harnsäure sind eigentlich unschädliche Stoffe. Ist das Gleichgewicht zwischen Harnsäurebildung und -ausscheidung gestört, fällt das Produkt jedoch in zu hohe Konzentration im Organismus an. Von einer Hyperurikämie spricht man, wenn die Werte über 6,5 mg/dl Blut liegen. Wird ihr Löslichkeitsprodukt überschritten, fällt Harnsäure in Form von Natriumuratkristallen (Harnsäuresalzkristalle) im Gewebe, in der Blutbahn oder in den ableitenden Harnwegen aus.
Bei einem Harnsäureüberhangangebot lagern sich mit der Zeit Kristalle in Schleimbeuteln, Gelenken, an Knochen, Sehnen und Ohrknorpeln oder unter der Haut ab und verursachen Entzündungen. In den Nieren können Uratkristalle die Nierenkanälchen verstopfen oder zur Bildung von Nierensteinen beitragen. Die Neutralisierung des Harns auf pH-Werte von 6,2 bis 6,8 verringert die Gefahr von Harnsäureausfällungen. In Abhängigkeit von der Höhe der Harnsäurekonzentration im Blut steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Gichtattacke. Der erste Anfall wird häufig durch ein reichhaltiges Essen, starken Alkoholgenuss, Infektionskrankheiten oder ungewohnte körperliche Anstrengung hervorgerufen.
Primäre und sekundäre Gicht
Medizinisch unterscheidet man primäre (familiäre) Hyperurikämien von sekundären Formen. Die primäre Form beruht auf einer erblich bedingten Störung des Purinstoffwechsels, bei der entweder die Bildungsrate von Harnsäure erhöht oder ihre Ausscheidung über die Nieren gestört ist. Sekundäre Gichtformen treten als Komplikationen von Krankheiten und Therapieformen auf, in deren Folge große Mengen an Nukleoproteinen im Körper um- bzw. abgebaut werden.
Ernährungstherapie
Um Gichtattacken, Gelenk- und Nierenschäden zu verhindern, wird eine dauerhafte Senkung der Harnsäure im Blut angestrebt. Die Basis jeder Gichttherapie bildet die Ernährungsumstellung. Allein dadurch lassen sich die Werte um bis zu 20 Prozent senken. Weil der typische Gichtpatient meist einige Pfunde zu viel mit sich herumträgt, sollte man versuchen, den Body-Mass-Index (BMI) unter 25 kg/m2 zu senken. Hyperurikämische Patienten sollten täglich nicht mehr als 100 bis 150 Gramm Fisch, Fleisch oder Wurst zu sich nehmen. Magere Milchprodukte decken purinarm den täglichen Eiweißbedarf. Purinbomben wie Innereien gehören komplett vom Speisezettel gestrichen. Das gilt ebenfalls für bestimmte Gemüsesorten, zum Beispiel Rosenkohl oder Schwarzwurzeln. Auch der Alkoholkonsum ist stark einzuschränken.
Tipps:
Besser kochen als braten: Wer ab und zu ein Stück Fleisch oder Fisch braucht, sollte die gekochten und gedünsteten Varianten bevorzugen und das Kochwasser anschließend verwerfen. Beim Garprozess gehen wasserlösliche Purine aus Fleisch und Fisch in den Sud über. Da beim Erhitzen in Wasser mehr Purine als beim Braten aus dem Kochgut gelöst werden, eignet sich die gedünstete Zubereitungsform besser für purinarme Kostformen.
Getränke: Reichlich Flüssigkeit hält die Harnsäurekonzentrationen im Urin niedrig und beugt der Bildung von Harnsäurekristallen und Nierensteinen vor. Erlaubt sind Kräuter- und Früchtetees, Mineralwasser oder verdünnte Obst- und Gemüsesäfte. Kaffee, schwarzer und grüner Tee sowie Schokolade dürfen entgegen früherer Empfehlungen ebenfalls in Maßen getrunken werden, da ihre Inhaltsstoffe nicht zu Harnsäure abgebaut werden.
Getreideprodukte, Kartoffeln, Reis: Getreideprodukte in Form von Brot und Teigwaren, aber auch Kartoffeln oder Reis sind purinarme, kohlenhydratreiche Lebensmittel.
Milchprodukte und Eier: Wird der Eiweißbedarf statt durch Fleisch und Fisch mit Milchprodukten gedeckt, reduziert sich die Purinzufuhr erheblich. Täglich und ohne Bedenken dürfen Joghurt, Quark, Molke oder magere Käsesorten verspeist und Milch getrunken werden. Auch hin und wieder ein Ei ist erlaubt.
Obst und Gemüse: Die meisten Obst- und Gemüsesorten sind kalorien- und purinarm und versorgen den Körper mit Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen. Purinreich und damit ungünstig sind Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen oder Kohl und Rosenkohl. Hefeflocken und -extrakte enthalten reichlich Purine. Weil Zuckeraustauschstoffe die Harnsäurepegel erhöhen können, sind auch hier nur kleine Mengen erlaubt.
© Medicalpress.de / PTA Magazin 12/2007 / Veröffentlicht am 21.07.2008